Welche Tilgung bei Baufinanzierung oder Immobilienfinanzierung?
Je höher die vereinbarte Tilgung bei einer Baufinanzierung ist, umso schneller sind Sie wieder schuldenfrei, nachdem Sie eine Immobilie gekauft haben. Zwar ist diese Faustregel prinzipiell richtig, jedoch hat der ausschließliche Blick auf die Tilgungsrate ebenfalls seine Tücken, vor allem, wenn Bauherren und Immobilienkäufer auf den klassischen Finanzierungsmix setzen.
Dieser besteht aus:
- Eigenkapital (dieses sollte jedoch nicht komplett in den Bau oder Kauf einer Immobilie fließen, um einen Puffer für unvorhergesehene Ausgaben zu haben)
- staatliche Zuschüsse und Fördermittel (allerdings verteuert sich unter Umständen das Bauvorhaben dadurch insgesamt)
- Fremdkapital in Form eines Kredits oder eines Privatkredits
Darum ist eine höhere Tilgungsrate überhaupt möglich
Grundsätzlich setzt sich die monatliche Rate, die Sie für einen Immobilienkredit an die Bank zurückzahlen, aus zwei Komponenten zusammen: Zins und Tilgung. Das bedeutet: Die ursprüngliche Kreditsumme wird in relativ kleinen Schritten zurückgezahlt. Denn in den vergangenen Jahren hat es sich etabliert, dass die Tilgung auf ein Prozent des Darlehensbetrages festgeschrieben wurde. Doch je niedriger die Zinsen sind, umso mehr kann direkt in die Tilgung fließen.
Dies verteuert einen Immobilienkredit zwar auf den ersten Blick, führt aber insgesamt zu einer schnelleren Abzahlung. Wenn Sie beispielsweise einen Kredit über 100.000 Euro zu einem Sollzinssatz von zwei Prozent und einer Tilgungsrate von einem Prozent aufnehmen, zahlen Sie pro Monat 250 Euro und sind nach 55 Jahren schuldenfrei. In dieser Zeit bezahlen Sie insgesamt 65.000 Euro an Zinsen. Entscheiden Sie sich hingegen für einen Tilgungssatz von drei Prozent, müssen Sie mit 416 Euro zwar monatlich einen deutlich höheren Betrag zahlen. Dafür sind Sie jedoch schon nach 25 Jahren schuldenfrei und zahlen nur etwa 28.000 Euro an Zinskosten.
Hohe Tilgung birgt auch Gefahren
Gerade bei der Tilgungsrate verschätzen sich viele Bauherren und Immobilienkäufer im Vorfeld: Sie gehen davon aus, dass sie die höheren Raten über die gesamte Laufzeit des Darlehens bezahlen können. Doch eine plötzliche Erkrankung, Arbeitslosigkeit oder das Wegfallen von kalkulierten Einnahmen kann dieses Finanzierungsmodell schnell zum Einsturz bringen.
Für eine hohe Tilgungsrate sollten Sie sich also nur dann entscheiden, wenn die Finanzierung insgesamt auf soliden Füßen steht und Sie noch Reserven in der Hinterhand haben, mit denen Sie auch den Wegfall eines Einkommens kompensieren können. Im Zweifelsfall ist es also besser, von vornherein eine niedrigere Tilgung anzusetzen und stattdessen flexible Modalitäten zu vereinbaren.
So bleiben Sie flexibel
Um auch in puncto Immobilienfinanzierung flexibel zu bleiben, haben Sie mehrere Möglichkeiten. So sollten Sie nicht darauf verzichten, eine hohe Möglichkeit für eine Sondertilgung in den Vertrag aufnehmen zu lassen. Dadurch können Sie mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sonstigen Einnahmen und Nebeneinkünften den Darlehensbetrag alljährlich merklich senken, ohne Einschränkungen in Kauf nehmen zu müssen.
Zudem können Sie auch einen Vertrag mit variabler Tilgung vereinbaren. Bei dieser Variante können Sie den Tilgungssatz innerhalb der Frist für die Zinsbindung zwei- bis dreimal ändern. Dies bietet sich beispielsweise an, wenn Sie die Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben und einer der Partner in die Babypause gehen möchte. Weil nun ein Einkommen wegfällt, können Sie durch die Senkung des Tilgungssatzes auch die monatliche Belastung für das Familienbudget reduzieren. Sobald der Partner wieder in den Beruf zurückkehrt, lässt sich die Tilgungsrate in diesem Fall problemlos wieder erhöhen.