Kündigung eines Immobiliendarlehens
Teil I – Kündigung durch den Darlehensnehmer
Autor: Alexandra Müller
Die Medien verbreiten oftmals die Meinung, dass Darlehen mit langer Zinsbindungsfrist zwar Zinssicherheit für diese Laufzeit versprechen, aber im Falle eines Falles das Darlehen nicht gekündigt werden kann bzw. nur durch Zahlung immenser Strafgebühren. Die negative Darstellung verunsichert die Kunden und viele pochen trotz günstiger Zinsen auf kurze Bindungen. Die wenigsten wissen, welche Rechte Ihnen überhaupt zustehen und werden nur unzureichend darüber aufgeklärt.
Wo sind die Kündigungsmöglichkeiten geregelt?
Damit auch die Vertragsbestandteile eines Immobiliendarlehens auf einer soliden Basis aufgebaut sind und die Banken nicht je nach Wohlwollen Ihre Verträge zusammenbauen, gibt es klare Regelungen der Kündigungsvarianten im Bürgerlichen Gesetzbuch. Unter § 489 BGB kann man die Kündigungsfristen Wort für Wort nachlesen. Hier ist auch festgehalten, dass die Fristen grundsätzlich nicht durch andere Vereinbarungen im Darlehensvertrag verändert werden dürfen. Die Regelungen gelten allerdings nicht bei Darlehen der öffentlichen Hand, wie z.B. Darlehen an Bund, Land oder Gemeinde.
Welche Kündigungsmöglichkeiten gibt es?
Im Groben gibt es zwei Kündigungsmodalitäten: die ordentliche und die außerordentliche Kündigung. Kommen wir zuerst zu Ihren ordentlichen Kündigungsrechten mit bestimmten Kündigungsfristen.
Die bekannteste Form ist die Kündigung eines Darlehens mit festem Zins ganz oder teilweise zum Ende der Sollzinsbindung, wenn keine neue Vereinbarung mit der finanzierenden Bank getroffen wurde. Der Gesetzgeber sieht hier eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende der Zinsbindung, das heißt für Sie 30 Tage vor Vertragsablauf muss die Kündigung bei der Bank oder Bausparkasse vorliegen.
Was nicht allen Bauherren oder Immobilienerwerbern bewusst ist, Sie können auch bereits vor Ende der Sollzinsbindung Ihr Darlehen gebührenfrei kündigen. Dieses Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren Laufzeit das Darlehen vorzeitig zu kündigen, egal ob Sie den Zins 15, 20 oder 30 Jahre gebunden haben, steht Ihnen in jedem Fall zu. Die Kündigungsfrist nach den 10 Jahren beträgt 6 Monate. Eine mögliche Anschlussfinanzierung oder Ablösung der Restschuld kann dementsprechend nicht erst nach 20 Jahren, sondern schon nach 10 ½ Jahren erfolgen. Beachten Sie hierbei, dass die Frist einen Tag nach vollständiger Auszahlung bzw. vollständigen Empfang des Darlehens beginnt.
Ein Beispiel: Maxi Musterbaum nimmt am 18.01.2016 ein Darlehen mit einem Zins von 2% auf. Den Zins sichert sie sich für 15 Jahre. Der vollständige Darlehensbetrag wird nach Fertigstellung des Hauses am 29.05.2016 ausgezahlt. Die 10-Jahres-Frist beginnt somit am 30.05.2016. Fast 10 Jahre später macht ihre Beraterin sie darauf aufmerksam, dass die Zinsen noch einmal gesunken sind und bei neuer Festschreibung von 15 Jahren bei 1,8 % liegen. Maxi weiß von ihrem Sonderkündigungsrecht und erkennt, dass sie am 30.05.2026 ihre Kündigung an ihre Bank richten kann. Die 6-Monatsfrist endet am 30.11.2026, sodass ab diesem Termin eine Umschuldung möglich ist.
Wieder etwas anders verhält es sich mit Darlehen, deren Zinssatz veränderlich, auch variable genannt, ist. Diese Darlehen sind jederzeit mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündbar.
Als weitere Möglichkeit gibt es Darlehen, die nicht grundpfandrechtlich gesichert, bedeutet die nicht im Grundbuch Ihres Objektes eingetragen sind. Dies sind oftmals die sogenannten Blankodarlehen wie zum Beispiel Modernisierungskredite. Bei den Darlehen können Sie 6 Monate nach vollständiger Auszahlung jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten raus.
Bei diesen vier verschiedenen Kündigungsvarianten müssen Sie keinen Grund Ihrer Kündigung angeben und es werden Ihnen keinerlei Strafgebühren der Bank auferlegt. Es gilt aber auch, dass die Kündigung nur dann gültig ist, wenn der noch offene Restbetrag innerhalb von zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung beglichen wird. Wird die Summe nicht in dieser Zeit an die Bank zurückgezahlt, gilt die Kündigung als nicht erfolgt.
Im Gegensatz zu den ordentlichen Kündigungsvarianten, bei denen es bestimmte Fristen gibt, die man einhalten muss, ist eine außerordentliche Kündigung fristlos. Diese Form kann der Darlehensnehmer bei berechtigtem Interesse nutzen.
Kündigung bei berechtigtem Interesse
Aus besonderen Anlass kann ein Darlehen 6 Monate nach vollständiger Auszahlung gekündigt werden, wenn eine anderweitige Verwertung der Sicherheit oder der Verkauf der Immobilie beschlossen wurde. Laut dem Bundesgerichtshof sind private Gründe wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Ehescheidung oder auch ein Umzug angemessene Begründungen um ein Immobiliendarlehen vorzeitig zu kündigen.
Natürlich hat man auch das Recht zur Kündigung, wenn die Geschäftsgrundlage oder die Rechtsbeziehung zur Schließung des Darlehensvertrages gestört ist. Dies liegt vor, wenn zum Beispiel das Grundstück sich als nicht bebaubar herausstellt. Unter diesem Umstand wäre der Vertrag nicht zustande gekommen. Sollte die Bank nicht oder nur anteilig die Summe auszahlen, obwohl alle Voraussetzungen vorliegen, kann auch fristlos vom Vertrag zurückgetreten werden.
Im Fall einer außerordentlichen Kündigung kann das Kreditinstitut einen Schadensersatz für die entgangenen Zinsen verlangen. Die Vorfälligkeitsentschädigung soll einen Ausgleich darstellen und richtet sich nach Restlaufzeit, ursprünglich vereinbarten Zins und dem aktuellen Zinsniveau. Verträge, die noch mit sehr hohen Zinsen von z.B. 6% abgeschlossen wurden und in der heutigen Niedrigzinsphase gekündigt werden müssen oft hohe Strafgebühren zahlen, da der Bank die höheren Zinszahlungen entgehen. Andersherum ist es bei Verträgen, die mit einem niedrigen Zinssatz abgeschlossen und während eines ansteigenden Marktniveaus gekündigt werden, da die Banken das Geld zu neuen und teureren Konditionen wieder herausgeben können.
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